Ich habe da einen interessanten Beitrag der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv/Israel gefunden, der sich mit Segenswünschen und Verfluchungen im Judentum auseinandersetzt. Ich werde hier einige Auszüge posten:
„Nach Ansicht eines Tannaiten wird eine Frau, die den Eltern ihres Mannes in seiner Gegenwart flucht, ohne Ketubba entlassen (mKet 7,6). Zwei rabbinische Erlässe werden mit „Verflucht“ eingeleitet: „Verflucht sei, wer Schweine züchtet, und verflucht sei, wer seinen Sohn griechische Weisheit lehrt“ (bSot 49b). Warum gerade diese Erlässe und nicht auch andere, die ebenso der Abwehr fremder Kultur galten, so formuliert wurden, ist unbekannt. […]
Von manchen Rabbinen heißt es, daß sie verfluchten, wer sich in Gesetzesfragen nicht an ihre Meinung hielt, so etwa Rab (bShab 120b) und Abaje (bBer 29a; bShab 120b usw.). R.Chijja bar Abba soll beim Anblick eines Haggadabuches (das Schreiben der mündlichen Tora war noch verboten) geflucht haben, dem Schreiber des Buches werde die Hand abgehauen (yShab 16,1,15c). Den Fluch fanden die Rabbinen in Neh 13,25 gerechtfertigt (bMQ 16a). […]
Juden Babyloniens (aber nicht nur dort) schrieben Flüche auf Zauberschalen und verbargen diese im Boden. Andere schrieben Gegenflüche, um Schaden durch diese Flüche zu verhindern. Auf diesen Schalen verwendete man gern biblische Flüche, wie z.B. „Der Herr schlage dich mit Wahnsinn“(Dtn 28,28). […]
Im aschkenasischem Ritus war es in manchen Gemeinden üblich, am Versöhnungstag den Heiden zu fluchen. Ein Pijjut zählt die Namen vieler Völker auf und bittet Gott, sie zu vernichten. Heute wird der Text nicht mehr verwendet. Ähnlich enthält die Pesach-Haggada Verse mit Flüchen, so Ps 79,6: „Gieß deinen Zorn aus über die Heiden, die dich nicht kennen“. Die späteren Tosafisten zitieren Beter zu Purim mit den Worten: „Verflucht seien alle Frevler, gesegnet seien alle Juden“, und natürlich gab es auch andere Formen, doch ohne verbindliche Halacha. […]
Spätestens seit 1905 kennt man ein Fluchritual, worin man einen Menschen verflucht, um ihn zu Tode zu bringen. Der Ritus heißt pulsa de-nura („Feuerstäbe“ nach bYom 77a; bHag 15a) und ist nach Meinung der Kabbalisten alt. Man rezitiert dabei Psalmen, verflucht unter Nennung von Engelsnamen, bläst das Schofar und löscht Kerzen aus. Jerusalemer Charedim verfluchten so 1905 David Jellin, der einige Monate später starb, oder 1957 den Jerusalemer Bürgermeister Gershon Agron (1894-1959), im Golfkrieg (1991) den Herrscher des Irak. In einer ähnlichen Zeremonie wurde 1995 der israelische Ministerpräsident I.Rabin verflucht, der einige Monate später ermordet wurde, und wenig später versammelten sich Tausende Charedim in Jerusalem, um Archäologen zu verfluchen, die Gräber öffnen.“
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