Die lange Nacht der Moschee: Mein kurzer Erlebnisbericht.

Am späten Nachmittag des 02.10.2018 klingelte meine nichtmuslimische Schwester an meiner Haustür. Wir wollten gemeinsam an der „Langen Nacht der Moschee“ teilnehmen. Doch bevor wir beide zum Steindamm aufbrachen und dort auch den lieben Bruder Yahya antreffen würden, stärkten wir uns ein wenig mit Keksen und mit einem guten Becher Kaffee. Wir kamen auf das Thema „Tag der offenen Moschee“ zu sprechen, welches wir beide in keiner sonderlich erquicklichen Erinnerung hatten. Im Jahre 2017 wollte ich nämlich schon einmal meiner Schwester eine Moschee von innen zeigen. Dafür machte ich mich extra auf der eigens eingerichteten Internetpräsenz unter tagderoffenenmoschee.de schlau. Und Heureka im Stadtteil Hamburg – Bergedorf – also in der unmittelbaren Nähe – sollte es eine Veranstaltung geben. Doch wir wurden leider bitterlich enttäuscht: In der Cafeteria der DITIB Moschee saßen zwei ältere Herren und der Imam der hiesigen Moschee augenscheinlich gelangweilt herum. Eine lustlose Führung gab es dann zwar, aber unter einer Präsentation des Islams in einem schönen Lichte – dafür ist doch dieser Tag da! – hatte ich mir doch etwas anderes vorgestellt. Doch die „Lange Nacht der Moschee“ in der Centrum Moschee im Kern von Hamburg, sollte deutlich schöner werden. Alhamdulillah!

Die „Lange Nacht der Moschee“ ist eine Initiative des Islamische Jugendbundes (IJB) in Zusammenarbeit mit der oben genannten Moschee, die der islamischen Vereinigung Millî Görüş nahe steht. Laut den Veranstaltern ist dieses Projekt zum ersten Mal in Deutschland vertreten und fand bisher in ähnlicher Form nur in Österreich statt. Ziel ist es, Muslime und Nichtmuslime an einem Abend zusammenzubringen und in einer inspirierenden Atmosphäre die Religion zu praktizieren oder eben näher kennenzulernen. Nachdem Eintreffen in der Moschee gegen 18:00 Uhr, gingen wir erst mal ins anliegende Restaurant, wo wir uns an einer Tasse Tee gütlich taten. Leider habe ich viel zu spät gemerkt, dass kleine Häppchen kredenzt wurden, sodass ich erst am Ende dieser interessanten Veranstaltung eine Kleinigkeit essen konnte! Insgesamt wurden an diesem Abend drei Vorträge zu jeweils unterschiedlichen Themen präsentiert, die natürlich durch den Takt der Pflichtgebete bestimmt wurden. Bedauerlicherweise wurde auf einen Vortrag, wahrscheinlich aus Gründen der Zeit, verzichtet: So konnten wir leider nicht der Stimme von Matthias Abu Dharr Schmidt lauschen. Dennoch wurde dem interessierten Zuhörer an diesem Abend einiges geboten!

Der erste Vortrag von Sven-Jonas Martiensen behandelte das Themenkomplex „Moschee“. Eloquent redete der studierte Konvertit in einem kuppelartigen Raum auf dem Dach der Moschee über den Sinn und die Bedeutung von dem „Ort der Niederwerfung.“ Nach diesem knapp bemessenen Diskurs, wurde jäh zum Gebet gerufen und meine Schwester wurde von den anwesenden Glaubensschwestern herzlich in den Frauenbereich mitgenommen. Später sollte Navid Chizari im Hauptgebetsraum über den Beginn der Offenbarung (Sure 96) berichten, welche durch die Rezitation des Imams untermalt wurde. Ganz vortrefflich war allerdings der Hauptvortrag von Dr. Özdil, der über die „Spiritualität im Islam“ referierte. Ihm ist es mit seinem Beitrag gelungen mein Herz zu berühren und von so manch anderem Zuhörer sicherlich auch! Dabei ging er in seiner Ermahnung auf die unterschiedlichen gottesdienstlichen Taten, wie beispielsweise die spirituelle Dimension der Koranlesung und des Fastens ein.

Bei einem abschließenden Tee ließen wir geruhsam den Abend ausklingen und redeten ein wenig über die Veranstaltung. Dabei ist mir insbesondere aufgefallen, dass meine Schwester die einzige nichtmuslimische Person an diesem Abend war! Dieses empfand sicherlich nicht nur ich bedauerlich, da die „Lange Nacht der Moschee“ doch einiges an Potential – auch für die Zukunft – bereitstellt. Es wird eben nicht nur wie am „Tag der offenen Moschee“ einfach ein Gebetsraum gezeigt, sondern in einer abendlichen, spirituellen Atmosphäre, islamische Glaubensinhalte vermittelt. Diese durchaus rührigen Momente, die gerade Dr. Özdil mit seinem Vortrag überbracht hat, könnten tatsächlich als zwischenmenschliche Scharnierfunktion fungieren und gesellschaftliche Separierungen abbauen. Einer der Verantwortlichen der Centrums Moschee, Ömer Yildiz, der sich zu uns kurz mit einem interessanten Gespräch gesellte, meinte letztlich auch, dass in Zukunft mehr in die Öffentlichkeitsarbeit gesteckt werden müsse. Dieses gilt es für die hoffentlich nächste Veranstaltung dieser Art umzusetzen! Meine Schwester war übrigens sehr angetan von diesem „Event“ und empfand zwar grundsätzlich die Erfahrung des gelebten Islams als „fremdländisch“, war aber durchaus aufgeschlossen und konnte so einige spannende Impressionen mit nach Hause nehmen.

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Über Nando-Dragan Nuruddin Augener

Nuruddin, Jahrgang 1989, machte 2010 sein Abitur und lebt in Hamburg. Studium der Erziehungswissenschaft und der Soziologie an der Universität Hamburg (2011-2014). Arbeitet zurzeit als Bürokaufmann. Muslim seit September 2016. Kontakt: nd.augener@web.de

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