Kritik von innen: Nestbeschmutzung oder Notwendigkeit

Als regelmäßiger Gastautor bei einem anderen Blog musste ich mich vor einiger Zeit mit folgendem Leserkommentar auseinandersetzen:

Assalamu alaykum,

ein beträchtlicher Teil der Beiträge auf dieser Webseite, vor allem die des Yahya Jens Ranft, handeln über Kritik an Muslimen, vor allem Konvertiten, warum?

Ich antwortete dem Fragenden mit folgenden Worten:

Wa alaykum assalam wa rahmatullah

Weil Kritik von innen in den meisten Fällen authentischer ist als die Kritik von außen. Die Kritik am hierzulande gelebten Islam und an den Muslimen kommt bisher vor allem von außen, also von der Politik, aus dem Medien und von nichtmuslimischen gesellschaftlichen Vertretern. Diese Kritik ist zweifellos zu mindestens 90% entweder von einer falschen Absicht geprägt oder unqualifiziert.

Wegen dieser zumeist boshaften oder laienhaften Kritik, haben die Muslime grundsätzlich eine Abneigung gegen Kritik entwickelt. Dies allerdings ist ein sehr dramatischer Zustand, denn es läuft unzweifelhaft etwas schief in der muslimischen Gemeinde (in Deutschland aber auch weltweit). Um Missstände aus der Welt zu schaffen, müssen diese zuallererst erkannt, dann benannt und dann ernsthaft angegangen werden.

Das „Nennen“ von Missständen bezeichnet man auch als „Kritik“. Wenn wir also nicht ständig auf Kritik von AfD, CDU/CSU, Pegida, BILD, SPIEGEL, FOCUS, PI-News usw. konzentrieren wollen, sondern auf authentische Kritik, dann müssen wir uns gegenseitig zuhören.

ICH bin ein Muslim und sogenannter Konvertit. Wenn ich also etwas authentisch kritisieren kann, dann sind es Missstände aus dem Milieu der Muslime (und speziell der Konvertiten) hierzulande. Diese Kritik ist keine göttliche Offenbarung, sie kann also entweder rational bestätigt oder verworfen werden, aber nicht weil sie eine „Kritik“ ist, sondern weil sie entweder zutrifft (wenn auch nur teilweise) oder weil sie gegenstandslos ist.

Ist die Kritik nicht vollends gegenstandslos, dann sind wir Muslime praktisch aufgerufen, diese Missstände aus der Welt zu schaffen, wobei wir bestenfalls bei uns selbst anfangen.

Wir müssen lernen, Kritik als etwas Positives aufzufassen, auch wenn sie etwas Negatives formuliert, denn das Mittel zum Guten ist selbst etwas Gutes.

 

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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