Tarek Bärliner und seine inzestiöse Assoziationskraft

von Yahya ibn Rainer

Ich kam leider nicht umhin auf diesen Beitrag in der IZ aufmerksam zu werden, wurde er ja von zahlreichen Persönlichkeiten des salafi-kritischen Milieus geradezu gefeiert und somit auch zahlreich in den sozialen Netzwerken geteilt. Dieser ominöse Beitrag namens „Über die Sprache der „Internet-Salafis“ – Bruder sucht Schwester zum Heiraten“ wurde am 03.04.2015 auf der Website der Islamischen Zeitung publiziert und behandelt anscheinend ein äußerst wichtiges Thema, nämlich die in bestimmten Zusammenhängen falsch eingesetzten Possessiva bei den arabischen Worten für Bruder (Akh) und Schwester (Ukht).

Ein Bruder oder eine Schwester, so ist es im Deutschen als auch im Arabischen, können Bruder oder Schwester von irgendjemandem sein. Um hier einen Bezug zur eigenen Person herzustellen, also um klar zu machen, dass es sich hier nicht um irgendeine(n), sondern um „meinen Bruder“ oder „meine Schwester“ handelt, fügt man in der Deutschen Sprache einen Possessivartikel hinzu. In der 1. Person Singular lautet dieses Possessivum „mein“ (maskulin) bzw. „meine“ (feminin).

In der arabischen Sprache ist das ein wenig einfacher. Dort bekommt das Substantiv einfach ein Possessivpronom, im Singular ist das ein schlichtes i am Ende des Wortes. So wird aus Akh (Bruder) Akhi (mein Bruder) und aus Ukht (Schwester) Ukhti (meine Schwester).

Dieses so weltbewegende Unding, welches der Tarekbär nun explizit in der von ihm sogenannten „Internet-Salafi“-Szene ausgemacht haben will, ist gewissermaßen aus der Nachlässigkeit einiger Nichtaraber erwachsen, die dem bereits arabischen Possessivum i in der deutschen Sprache noch einen unbestimmten Artikel (ein, eine) hinzufügten. So will er gelesen haben, dass jemand „eine Ukhti“ zum heiraten sucht, was ja wortwörtlich übersetzt „eine meine Schwester“ heißen würde.

Es ist schon bemerkenswert, wie rigoros die Deutsche Sprache die Regeln des Arabischen bricht. Ein weiblicher Muslim wird mitunter als Muslimin bezeichnet und der Plural selbigen Wortes als Muslime. Es gibt sogar Deutsche die – wie böse aber auch – noch immer Moslem (Singular) und Moslems (Plural) sagen und schreiben. Die Türken, dieses Schelme, nennen den Muslim gar Müslüman, ohne zwischen Singular und Plural zu unterscheiden.

Da kräuseln sich die Haare und die Fußnägel stellen sich hoch. Ob der Tarekbär diese Auswüchse bereits realisiert hat? ABER, bei alledem ist natürlich dieser eine deutsche unbestimmte Artikel besonders übel, da ihn – zumindest seiner Ansicht nach – vor allem ungebildete und unerzogene „Internet-Salafis“ benutzen.

Dass der Tarekbär bei den Worten „akhi“ und „ukhti“ jedoch zuallererst an Inzest denken muss, lässt leider tiefer blicken als angenehm erscheint.

Ich zumindest war bisher der Ansicht, und sah mich darin auch im Quran und der Sunnah bestätigt, dass wir Muslime einander Geschwister sind.

Allah sagt sinngemäß im Quran, Sure al-Hugurat (49), Ayah 10:

Die Gläubigen sind ja Brüder. So stiftet Frieden zwischen euren (beiden) Brüdern (akhawaykum) und fürchtet Allah, auf daß euch Barmherzigkeit erwiesen werde.

Oder in Ayah 12 der gleichen Sure:

Möchte denn einer von euch gern das Fleisch seines Bruders (akhihim), wenn er tot sei, essen? Es wäre euch doch zuwider. Fürchtet Allah. Gewiß, Allah ist Reue-Annehmend und Barmherzig.

Zahllose authentische Überlieferungen gibt es darüber, dass Muslime nicht nur irgendwelche Geschwister sind, sondern sich gegenseitig, einander Geschwister, mit Possessiva in Singular und Plural.

Und zu guter Letzt möchte ich noch auf seinen Vorwurf eingehen, nur „Internet-Salafis“ würden sich einer solch fehlerhaften oder auch flegelhaften Sprache befleissigen. Ich bin nun schon seit einiger Zeit – und zum Teil auch zu meinem Leidwesen – auf Facebook aktiv und wurde seither von zahlreichen Nichtsalafis in Dialoge verwickelt, die nicht selten dahingehend endeten, dass der Gegenüber ein Verlangen danach entwickelete meine Mutter zu f***en und häufig mich gleich mit dazu.

Dieser „Hanafi“ war auch recht unsalafistisch unterwegs, als er mich anschrieb:

alHanafi

Ich mache natürlich nicht andauernd Bildabgriffe, wenn mich die Intelligenz zeitgenössischer Salafi-Kritiker besonders beeindruckt. Der folgende Beitrag eines Kurden jedoch, der von sich behauptete ein „Sunniten“ zu sein und deshalb als qualifiziert erachtete sich in Quranexegese zu ergehen, war es mir dann aber doch wert:

HackEure Eier

Bei der Lektüre dieses Ergusses kommt einem der überflüssige unbestimmte Artikel vor einem Ukhti bzw. Akhi doch fast schon lächerlich vor, oder?

Wollen wir also bei der Wahrheit bleiben. Was der Tarek Bärliner hier an die große antisalafitische Glocke hängt, ist eine Nichtigkeit und die Form wie er es vorträgt, entbehrt nicht einer gewissen Hybris.

„Man kann sich nun über das Phänomen amüsieren und sich darüber erhaben fühlen.“

…, schreibt er zum Ende seines Beitrages. Nun, beides hat er offen erkennbar getan.

Fakt ist jedoch, dass dieses Phänomen weder auf die „Internet-Salafis“ reduziert, noch aus dem Kreis seiner eigenen Sektierung kategorisch ausgeschlossen werden kann. Sein Text war nichts anderes, als ein weiterer persönlicher Angriff auf Muslime, die sich in erster Linie im Bereich der Glaubenslehre von ihm unterscheiden. Auf diesem Gebiet jedoch sind Leuten wie ihm schon seit langem die guten Argumente ausgegangen.

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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