Die Rede des Papstes im Bundestag – Ich fand sie gut (Teil 1)

von Yahya ibn Rainer

Bei einigen meiner Aqidah- und Manhaj-Genossen wird sich jetzt gewiss die Stirn in Falten legen. Das Oberhaupt der größten Gruppe unter den Nasara hält eine Rede im Deutschen Bundestag und der Ibn Rainer findet das gut …  ein Skandal. Aber ich fand nicht nur die Rede gut, sondern auch die Tatsache, dass er die Möglichkeit bekam diese Rede im Tempel der bundesdeutschen Gelüste abzuhalten. Immerhin handelt es sich bei Papst Benedikt XVI. nicht um einen Demokraten, sondern um den Herrscher einer absoluten Monarchie … eine Diktatur, wie es manche heute gerne nennen. Aber trotzdem scheint er bei vielen, zumindest katholischen Demokraten, eine anerkannte Persönlichkeit mit positiven Eigenschaften zu sein. Schön das sowas in Zeiten des Radikaldemokratismus noch möglich ist …

Wie vielleicht viele unter meinen muslimischen Lesern bereits wissen, gibt es bezüglich des Kufrs (Unglaubens) einer Person verschiedene Stufen. Die schwächste Form des Kufrs ist zwar überaus schlimm und dringlichst zu vermeiden, aber sie befördert nicht zwingend aus dem Islam, man wird also nicht zum Kafir. Auf diese Form möchte ich hier aber nicht näher eingehen, da sie den Kufr des Papstes nicht tangiert. Beim Papst handelt es sich eindeutig NICHT um einen Muslim, wie weise und gerecht seine Worte auch sein mögen und wie sanft und demütig er uns auch erscheint.

Allah der Erhabene sprach den Gesandten Allahs -Allah segne ihn und schenke ihm Heil- in der Sure al-Maida direkt zu diesem Verhältnis zwischen Muslimen und Christen an. Er, der Erhabene, sagte:

Und du wirst ganz gewiß finden, daß diejenigen, die den Gläubigen in Freundschaft am nächsten stehen, die sind, die sagen: „Wir sind Christen.“ Dies, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie sich nicht hochmütig verhalten. (5/82)

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es solche Christen auch heute noch gibt, aber leider nur sehr wenige. Es ist vielmehr zu beobachten, dass die heutigen richtigen Christen, die mit ihrer Religion noch mehr verbindet als nur das Kreuzchen um den Hals, die Taufe und die Kommunion (bzw Konfirmation), also die sogenannten „Bibeltreuen Christen“, nicht nur den Islam als Religion strikt ablehnen (was ihr gottgegebenes Recht ist), sondern auch gegen die Muslime in ihrer Mitte polemisieren und kämpfen, … in Deutschland und weltweit. Dabei sind es doch genau sie, von denen wir gesellschaftspolitisch in diesem Land das bestmögliche erwarten könnten. Denn auch wenn die Bibel aus unserer Sicht nicht mehr im originalen Zustand ist, so transportiert sie doch ein kräftiges Paket an Ethik und Moral, dass aus islamischer Sicht wohlwollend entgegen genommen werden kann.

Und hier kommen wir zu den weiteren Stufen des Kufrs. Denn die Gelehrten des Islams haben den Kufr der Christen und Juden anders bewertet, als den Kuffr der Agnostiker und den Kufr der Atheisten. Und eben diese sind es, die heute in der Mehrheit die Geschicke dieses Landes lenken und es „modernisieren“. Juden und Christen gelten bei uns Muslimen als Ahlul-Kitab. Es gehört zu unseren islamischen Glaubensfundamenten an ihre (originalen) Bücher, also die Thora und das Evangelium, und ihre Propheten, wie Abraham, Moses, Johannes und Jesus -Allah schenke ihnen allen Heil- zu glauben und sie zu ehren und wir vertreten die Ansicht, dass sie den gleichen einen Schöpfergott, nämlich Allah den Erhabenen, anbeten. Diese Gemeinsamkeiten haben eine Sonderstellung der Ahlul-Kitab im islamischen Glauben zum Resultat, so dass z.B. das Fleisch aus ihrer Schlachtung (unter bestimmten Voraussetzungen) für uns erlaubt ist und wir auch ihre Frauen heiraten dürfen. Das ist uns bei Anhängern anderer Religionen, sowie Agnostikern und Atheisten strengstens verboten.

So sagte Sheikh bin Baz -Allah sei ihm gnädig- in einer Fatwa:

„Das von den Kommunisten geschlachtete Fleisch ist verboten (harām) und es ist wie das Fleisch der Zoroastrier und Götzendiener. Tatsächlich ist ihr Fleisch sogar noch mehr verboten (harām), denn ihr Grad des Kufr ist durch den Atheismus und die Leugnung des Schöpfers (erhaben ist Er und gepriesen) und Seines Gesandten und weitere Arten des Kufr noch gewaltiger.“

(Majmū` Fatāwa ibn Bāz, 23/30).

Bezüglich der Agnostiker sagte Imam ibn Taymiyyah -Allah sei ihm gnädig- folgendes:

Wenn er daran glaubt und sagt: Ich bestätige weder die Existenz noch die Nicht-Existenz, dann lautet die Antwort darauf: Angenommen, du sprichst das aus und in deinem Herzen glaubst du an keins von beiden, sondern du wendest dich davon ab, dass du Allāh kennst und Ihm dienst und Seiner gedenkst, sodass du Seiner nie gedenkst, Ihn nie anbetest, anflehst, deine Hoffnung in Ihn legst oder Ihn fürchtest, dann ist deine Leugnung in diesem Fall schlimmer als die vom wahrhaftigen Satan (Iblīs), der Ihn (zumindest) bestätigte.“

(Majmū` al-Fatāwa, 5/356)

Und über die Atheisten sagte Imam ibn Taymiyyah -Allah sei ihm gnädig-:

„Die Meinung der Philosophen – jene, die sagen, dass das Universum ewig ist und dass es abhängig ist von dem, was zwangsläufig existieren muss – entstammt den Köpfen und Herzen derjenigen, die Himmelskörper anbeteten und von ihnen Abbilder auf der Erde erstellten, wie Aristoteles und seine Anhänger. Diese Ansicht ist schlimmer als Kufr und ist mehr irregeleitet als die Ansicht der arabischen Götzendiener (Muschrikūn), die glaubten, dass Allāh die Himmel und die Erde sowie alles, was zwischen ihnen liegt, in sechs Tagen durch Seinen Willen und Seine Macht erschuf, doch sie rechneten Ihm fälschlicherweise und ohne Wissen Söhne und Töchter zu (vergl. 6:100) und gesellten Allāh in der Anbetung andere bei, wofür Er keine Ermächtigung erteilt hatte (vergl. 3:151).“

(Majmū` al-Fatāwa, 8/457-458)

Und Imam ibn Taymiyyah -Allah sei ihm gnädig- spannt in seiner Fatwa dann auch den Bogen von den Ahlul-Kitab, über die Agnostiker und Atheisten zu denen, die schwach sind unter den Theisten, die er passenderweise auch „die toleranten Leute“ nennt. Früher wie heute sind es die gleichen geblieben, die unter dem Deckmantel der Toleranz althergebrachte göttliche Werte, Normen, Gebote und Verbote beseitigen und diese durch Gesetze, die die Gelüste befriedigen, ersetzen, die Familien zerstören, die Frau entehren und die Männer aus ihrer Verantwortung und Stellung entlassen.

„Ähnlich sind die toleranten Leute, die an keines der Gebote oder Verbote glauben und sich als Entschuldigung für ihre üblen Taten auf den göttlichen Willen und die Bestimmung berufen, schlimmer als die Juden, Christen und arabischen Muschrikūn, denn selbst wenn die Letzteren Kuffār sind, glauben sie immer noch an einige Arten der Ge- und Verbote und an das Versprechen und die Warnung (d. h. das Jenseits), doch sie setzten neben Allāh Partner (falsche Götter), durch die sie eine Religion begründeten, die Allāh nicht befohlen hatte (vgl. 42:21), anders als die toleranten Leute, die alle Gesetze insgesamt ignorieren.

Sie sind nur mit dem zufrieden, was ihren Gelüsten und Begierden gefällt, und sie werden auf der Grundlage ihrer Gelüste und Begierden zornig. Sie sind nicht um Allāhs willen zufrieden oder zornig um Allāhs willen und sie lieben oder hassen auch nicht um Allāhs willen. Sie machen nicht das zur Pflicht, was Allāh zur Pflicht machte, und sie verbieten nicht das, was Allāh verbot, außer es gefällt ihren Gelüsten und Begierden, in welchem Fall sie es für diesen Zweck tun und nicht als Akt des Gehorsams ihrem Herrn gegenüber.

Daher verurteilen sie nicht das, was an Kufr stattfindet, an üblen Taten und Sünden, solange es nicht ihren Begierden und Gelüsten entgegensteht. Denn in diesem Fall werden sie es verurteilen, angetrieben von ihrer teuflischen Natur und nicht durch die Scharī`ah veranlasst und durch die Liebe zu Allāh. Somit stürzen die Satane sie tiefer in ihre Verirrung und sie halten niemals inne (vgl. 7:202). Die Satane können sich ihnen zeigen und sie ansprechen und ihnen bei einigen ihrer Gelüste und Begierden helfen, wie die Satane es mit den Götzendienern (Muschrikūn), die Götzen dienten, zu tun pflegten.“

(Majmū` al-Fatāwa, 8/457-458)

Für uns orthodoxe Muslime, hier in den nichtmuslimischen Ländern, ist es also wichtig das geringere Übel vorzuziehen. Wenn wir uns auch nicht am demokratischen Prozess dieser Länder beteiligen, was unser gutes Recht ist, so haben wir trotzdem eine gesellschaftliche Pflicht das Gute zu unterstützen und zu fördern. Und am nächsten sind uns dabei nunmal die Fundamentalkräfte innerhalb des Christen- und Judentums. Dogmatische Katholiken, fundamentale Protestanten und orthodoxe Juden vertreten Werte und Normen, die auch uns orthodoxen Muslimen zugute kommen und somit sehe ich es als eine wünschenswerte Handlung an, diese Kräfte im gesellschaftspolitischen Bereich zu unterstützen.

Unter diesem Vorsatz erwartete ich also diese Rede des Papstes, die vonseiten der nihilistischen Front aus Kommunisten, Anarchisten, Homosexuellen, schwachen Geistern und anderen destruktiven Kräften, im Vorfeld aufs übelste niedergeredet wurde. Und ich wurde nicht enttäuscht, denn streckenweise konnte man aus seinem Vortrag durchaus Töne extrahieren, die so überhaupt nicht dem radikal-demokratistischen Mainstream entsprechen.

Und da diese Einleitung mal wieder ellenlang geworden ist, werde ich auf einzelne Passagen seiner Worte im 2. Teil näher eingehen … inschaAllah.

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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