„Nehmen wir an, ein […] schlimmeres Wetter verschlug […] (einen) Professor oder einen wie er an einen anderen Ort, der entlegener ist. Er fliege nach Indien zu einer Gelehrtenversammlung und müsse auf dem Wege notlanden in der arabischen Wüste. Landschaftlicher Fremdraum, keine Häuser: Zelte – schwarze Nomadenzelte. Beduinen, die eine arabische Mundart sprechen. […] Man geht hinein, um sich gegen die Sonne zu schützen. Drinnen sind Menschen – „wie wir“, pflegt man heute wohlwollend zu sagen. Aber was heißt das: wie wir? Sie sind ganz anders: sie bereiten ein herrliches Mahl für die Flugzeugbrüchigen und nehmen sie höflich und freudig als ihre Gäste auf. Das ist Morgenland, das ist Menschheit in ihrer Frühe. Das ist Menschlichkeit ohne Programm der Nächstenliebe und ohne sich selber feiernde Humanität. Das ist alles selbstverständlich und aus erster Hand – ganz anders als im Abendlande.“
(Prof. Dr. phil. Ludwig Ferdinand Clauß, Die Seele des andern – Wege zum verstehen im Abend- und Morgenlande, ©1958, Seite 13-14)