Zeugen im halachischem Recht

Folgende Anforderungen stellt die Halacha an den Zeugen in einem gerichtlichem Verfahren:

Die Zeugen nehmen in der Lehre vom Beweis im jüdischen Prozeßrecht eine bedeutende Stellung ein, weil das richterliche Ermessen durch genaue Beweisregeln begrenzt war und durch die Aussagen von zwei klassischen Zeugen der Beweis für einen zivilrechtlichen Sachverhalt oder einen strafrechtlichen Tatbestand als erbracht zu gelten hatte. Die Bedeutung der Zeugen im Zivilprozeß und Strafprozeß ist verschieden geregelt; die Einzelheiten s. Art. Beweis.

Aus dieser Stellung der Zeugen im jüdischen Prozeßrecht ergibt sich, daß an ihre Qualifikation hohe Anforderungen gestellt werden (b. Sanh. 24b ff.). Grundsätzlich als Zeugen sind ausgeschlossen Taubstumme (vgl. Gitt. 71a), Geisteskranke und Minderjährige (Cheresch schote wekatan), ferner Frauen, Sklaven und Blinde. Der Zeuge muß nicht nur unbefangen sein und darf auch nicht weitläufig mit den Parteien oder dem Angeklagten verwandt sein, sondern es wird auch weiterhin verlangt, daß er gut beleumdet ist und die Vorschriften der jüdischen Religion einhält. Wer z. B. als Würfelspieler bekannt ist (vgl. Spiel und Wette) oder wer bereits einmal ein falsches Zeugnis abgelegt hat (B. K. 72b), wird nicht mehr als Zeuge zugelassen. Nach rabbinischem Rechte gelten auch diejenigen als zeugnisunfähig, die ein rabbinisches Verbot übertreten haben (Maimonides, H. edut 10, 3). Bemerkenswert ist, daß z. B. auch Hirten, die wiederholt in Versuchung kommen, ihr eigenes Vieh auf fremdem Grundstück weiden zu lassen, oder Zöllner, die oft unberechtigt Zölle verlangen, als Zeugen nicht zugelassen werden.

(Wörterbuch des jüdischen Rechts / Marcus Cohn / 1927-1930)

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

6 Gedanken zu „Zeugen im halachischem Recht

  1. Assalamu alaikum,

    Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Juden in einem islamischen Staat das Scharia Gericht bevorzugten, obwohl den Juden erlaubt war nach Ihren eigenen gesetzten zu urteilen. Ich konnte allerdings hierzu nichts aussagekräftiges finden. Ich glaube es war ein jüdischer Historiker, der das untersucht hat. Bestimmt haben Sie schon darüber ein Artikel geschrieben, ich konnte allerdings nichts finden.

    1. Wa alaykum assalam wa rahmatullahi wa barakatuh

      Danke für den Hinweis. Das war mir bisher noch nicht bekannt, ist aber teilweise nachvollziehbar, da die Halacha mitunter recht harte Strafen vorsieht, wie bspw. die Todesstrafe für ehelichen Geschlechtsverkehr während der Menstruation usw.. Falls Sie die Quelle nachträglich noch ausfindig machen können, vergessen Sie bitte nicht hier einen kleinen Hinweis zu hinterlassen.

      BarakAllahu fiek

        1. Das war in meinem Vortrag über die Scharia. Der Historiker heißt Mark R. Cohen, der in diesem Buch das jüdische Leben unter christlicher bzw. islamischer Herrschaft im Mittelalter untersucht hat: http://press.princeton.edu/titles/8761.html

          Er hat ca. 1000 Rechtsfälle jüdischer Bürger des islamischen Reiches im 16. Jhd. untersucht und festgestellt, dass sie – obwohl sie auch die Möglichkeit ihrer eigenen Gerichtsbarkeit in Anspruch hätten nehmen können – die Scharia-Gerichte häufig bevorzugten. Das Motiv war unter anderem, dass sie dort eher die Hoffnung auf Gerechtigkeit hatten.

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