Materialien zur Geschichte der Wahaby – 07.5 – Kriegsberichterstattung

Im September 1814 war die Macht des Paschas folgender Gestalt verteilt: gegen 200 Mann waren mit Ibrahim Aga, dem Moherdar, oder Siegelbewahrer Mohammed Alys, zu Mekka, wie auch 150 arabische Soldaten unter dem Scherif Yahya. Zwischen 3 und 400 Mann unter dem Befehle des Divan Effendi waren zu Medinah; 100 Mann bildeten die Garnison von Yembo, und 200 standen zu Dschidda. Tusun Pascha lag mit 350 Mann zwischen Yembo und Medinah. Mohammed Aly hatte zu Tayf 300 Türken bei sich, wovon der dritte Teil aus Reiterei bestand. Hassan Pascha behauptete die Position von Kolach mit 1000 Mann seiner Arnauten; und sein Bruder Abdin Bey befehligte die vorgeschobenen Posten der Armee, aus 1200 Arnauten und 400 Mann Reiterei bestehend, die eben aus Kairo angelangt waren. Diese vorgeschobenen Posten waren drei, oder vier Tagereisen südlich von Tayf in das Gebiet der Beni Naszera und in den Distrikt des Stammes Zohran vorgerückt, wo der Scheikh Bakhrudsch, der Anführer der Ghamez-Araber, hauptsächlich gegenüber stand. Sie hatten den Vorteil, in einem fruchtbaren Lande zu liegen, welches hinlänglich Korn und Gerste für ihren Bedarf lieferte; und dadurch waren sie unabhängig von den Magazinen zu Tayf.

Die jetzt in ihren einzelnen Teilen aufgezählte Macht kann dem Leser sehr unbedeutend erscheinen, und doch habe ich die feste Überzeugung, dass sie hier eher zu groß, als zu klein angegeben worden ist. Nach den Berichten der Türken und selbst des Paschas befanden sich 20.000 Mann unter den Befehlen Mohammed Alys. Die zahlreichen Nachzügler bei einer türkischen Armee, die Menge türkischer Kaufleute und Pilger, welche über Hedschaz zerstreut waren und die Kleidung der Soldaten nachahmten, von denen sie kaum unterschieden werden konnten; ein unermesslicher Tross von Kameltreibern, Pferdewärtern und anderem dienenden Personale, welche die Armee begleiteten, — alle trugen dazu bei, dem Scheine nach die Zahl der Truppen zu vergrößern; und die Wahaby selbst hatten wahrscheinlich nie eine genaue Kenntnis von der wirklichen Stärke ihrer Feinde. Täglich langte Verstärkung aus Ägypten an, war aber kaum hinlänglich, um die Armee vollständig zu erhalten, die so sehr durch Krankheit und unglückliche Treffen mit den Wahaby geschwächt worden war. Die Zahl der Truppen, welche Mohammed Aly in Ägypten hatte, war zu klein, um viel davon nach Hedschaz überzuführen; und wenn der ganze Betrag der Truppen im letzteren Lande sich auf 5000 Mann belaufen haben mag, so hat er in Ägypten nie über 6 bis 7000 schlagfertige Soldaten gehabt; auch konnte der Pascha diese Zahl nicht gut vermindern, ohne das Land den Anfällen auszusetzen, die er von drei Seiten zugleich befürchtete, nämlich von Konstantinopel, von den Mamelucken in Dongola, oder von England, und um diese Zeit hauptsächlich von letzterem.

Als es in den Ländern, welche den türkischen Paschas den größeren Teil der Soldaten liefern, nämlich in Albanien, in Romelien und an der Küste von Kleinasien bekannt wurde, dass der Feldzug in Hedschaz so äußerst nachteilig für die türkischen Truppen ausfalle, kamen sehr wenig Rekruten nach Ägypten; und seit dem Jahr 1813 war Mohammed Aly immer genötigt, in diesen Ländern Rekrutierungsoffiziere zu halten, die ihren Zweck nicht ohne bedeutende Summen erreichen konnten. Ich hörte den Pascha selbst zu Tayf sagen, seine Armee bestehe aus 35.000 Mann, von welchen 20.000 in Hedschaz und 15.000 in Ägypten ständen; und diese Angabe wurde allgemein für richtig gehalten.

Um die heiligen Städte zu verteidigen und die benachbarten Provinzen in Furcht zu erhalten, war die kleine Macht von 4 bis 5000 Mann, nebst 400 Beduinensoldaten aus verschiedenen Stämmen, die doppelt so viel Entlohnung, als die Türken bekamen, vollkommen ausreichend; aber mit dieser Armee konnten die Wahaby nicht zur Unterwerfung gebracht werden. Dennoch scheint es, dass der Pascha bei seinem Abgang von Kairo seinem Oberherrn das feierliche Versprechen gegeben hatte, die Wahaby wieder zur Unterwürfigkeit zu bringen. Aller Anstrengungen des Paschas ungeachtet war dem Mangel an Kamelen nicht abgeholfen worden. Die Straße von Tayf nach Mekka und von da nach Dschidda war, ganz wörtlich genommen, mit toten Kamelen bedeckt; und daraus ging hervor, dass eine beständige Erneuerung dieser Lasttiere absolut nötig sei. In der Vorstadt von Mekka, namens Moabede, wo die Karawanen von Dschidda und Tayf einkehrten, war von Hunderten toter Kamele ein solcher Pestgestank entstanden, dass auf Antrag der Einwohner eine Menge armer Negerpilger gedungen wurden, um dürres Gras von den benachbarten Bergen zu holen. Eine Quantität desselben wurde über jedes tote Kamel geschichtet und angezündet, sodass die Kadaver zu Asche verbrannt wurden. Nach einer mäßigen Berechnung waren vom Anfange des Krieges im Jahr 1811 bis zur gegenwärtigen Zeit 30.000 der Armee gehörige Kamele in Hedschaz umgekommen. In Ägypten gab es jetzt wenig Kamele, sodass man in den Negerländern bis nach Sennar eine große Menge derselben hatte aufkaufen lassen. Aber der Transport des Proviants von Venne nach Cosseir und von Kairo nach Suez nahm eine so große Menge dieser Tiere in Anspruch, dass verhältnismäßig nur wenige für den Dienst in Hedschaz entbehrt werden konnten. Der Pascha hatte einen Beamten nach Damaskus gesendet, um Kamele bei den syrischen Beduinen zu kaufen. Diese Kamele wurden zu Mekka mit der nächsten Pilgerkarawane erwartet; auch Ibrahim Pascha hatte getan, was nur in seinen Kräften war, um unter den libyschen Stämmen so viel Kamele aufzukaufen, als nur zu bekommen waren. Auch diese wurden mit der ägyptischen Pilgerkarawane nach Hedschaz gesendet.

Bis zu ihrer Ankunft wurden bloß Defensivmaßregeln ergriffen. Gegen fünfhundert Kamele waren von den Arabern des Stammes Harb gemietet worden, um Proviant von Dschidda nach Tayf zu schaffen; aber die Besitzer derselben weigerten sich auf das Bestimmteste, einen Schritt weiter nach Osten, oder nach Süden zu gehen, damit ihnen nicht ihre Kamele von den Wahaby genommen würden. Die Garnison zu Tayf hatte, wie ich aus guter Quelle erfuhr, nur Proviant auf zehn Tage, und die Not war einige Wochen nachher so groß, dass das Getreide, welches die Karawanen brachten, sogleich verteilt und nicht in die Magazine geschafft wurde. Auf den vorgeschobenen Posten bei Kolach und in Zohran konnten die Truppen ihr Getreide nicht in Mehl verwandeln, sondern jeder Soldat war genötigt, seine tägliche Portion Getreide zwischen Steinen zu zerkleinern und in der Asche zu backen.

Inzwischen machten die Wahaby häufige Angriffe auf Tayf und auf die Stämme, welche die Partei des Pascha ergriffen hatten; und dieser beunruhigte seinerseits das Gebiet des Feindes durch kleine Abteilungen seiner Reiterei. Scherif Yahya machte im August 1814 mit seinen Arabern eine Expedition über die Gebirge nach Gonfode hin und brachte eine bedeutende Beute an Kamelen und Schafen mit sich. Kaum war er nach Mekka zurückgekehrt, als Tamy sich dadurch rächte, dass er eine Abteilung von sechshundert Kamelreitern aus dem Stamme Khatan nach Dschidda sendete. Ich wäre ihnen beinahe selbst in die Hände gefallen. Da ich Gelegenheit gehabt hatte, mit einer kleinen Karawane von Kamelen von Mekka nach Dschidda zu gehen, so langten wir um Mitternacht an einem Brunnen namens Bahra an, welcher mitten zwischen diesen beiden Städten liegt, und wo eine kleine Abteilung Reiterei aufgestellt war, um die Straße zu schützen. Diese Soldaten fanden wir im Zustande der Unruhe, indem sie soeben von einigen südlichen Beduinen die Nachricht erhalten hatten, dass der Feind im Anmarsch sei. Unsere Karawane wendete sich sogleich nördlich in die Gebirge und gelangte auf einem Umwege den nächsten Tag nach Dschidda. Kaum hatten wir indessen Bahra verlassen, als die Wahaby eindrangen. Wir hörten noch die Flintenschüsse und erfuhren bald nachher, dass sie alle Einwohner, die zu finden waren, ermordet, das Lager und das Gepäck geplündert und eine kleine Karawane weggenommen hätten, die noch einige Zeit vor unserer Ankunft in Bahra eingekehrt sei. Die achtzig Reiter leisteten diese ganze Zeit über nicht den geringsten Widerstand, sondern begaben sich eiligst nach Mekka, wo sie große Bestürzung verbreiteten.

Der Verkehr zwischen Dschidda und Mekka war auf diese Weise eine ganze Woche lang unterbrochen, aber nachdem die Wahaby ihre Absicht erreicht hatten, kehrten sie in die Heimat zurück. Sie hatten wenigstens fünfzehn Tagereisen gemacht, um auf dieser Reise zu plündern, und ihre genaue Kenntnis des Landes setzte sie in den Stand, einen solchen Weg zu nehmen, dass sie sich mit einem mal auf ihre Beute stürzen konnten. In dieser Art, Krieg zu führen, haben sich die Beduinen immer ausgezeichnet; und ihr jedesmaliger Erfolg bei solchen Unternehmungen schreckte die türkischen Soldaten mehr, als der Verlust einer regelmäßigen Schlacht, weil sie sich nicht einen Augenblick lang für sicher hielten, sobald sie das Weichbild einer Stadt verlassen hatten.

Seit der Einnahme von Medinah waren die türkischen Truppen daselbst völlig untätig geblieben, indem der Proviant, welcher ihnen von Yembo gesendet wurde, kaum für ihre tägliche Consumtion[1] und für diejenige der Bewohner der Stadt ausreichte. Der Stamm Harb blieb in freundlichen Verhältnissen mit den Türken, und der Scheikh desselben, Dschezye, welcher wesentlich zur Einnahme des Platzes mit beigetragen hatte, war im Junius 1814 in Geschäften zum Divan Effendi gegangen, der daselbst den Oberbefehl hatte. Als er eines Tages mit demselben in voller Beratung saß und die alberne Prahlerei des eitlen Türken nicht mehr aushalten konnte, so brach er laut in die Worte aus: „Sey ruhig , o Divan Effendi, denn jedermann weiß, dass ich es war, welcher den Weg zu eurem Einzug in diese Stadt gepflastert hat; und wäre nicht diese Klinge (hier schlug er mit der Hand auf sein Schwert), so würde nie ein Türke nach Medinah gekommen sein.“ Der türkische Befehlshaber geriet in Wut und Flammen über diese Anrede, beleidigte den Dschezye mit den schmählichsten Ausdrücken, schlug ihn und ließ ihn in Ketten legen. Den folgenden Tag hieß es, er habe sich selbst im Gefängnis entleibt [selbst getötet], indem man sichere Beweise erhalten habe, dass er in verräterischem Briefwechsel mit den Wahaby gestanden habe. Die Folge eines solchen Ereignisses hätte man leicht voraussagen können. Sobald die Beni Harb erfuhren, dass ihr Scheikh getötet worden sei, versperrten sie den Karawanen von Yembo den Weg durch ihre Gebirge, und ohne sich auf Seiten der Wahaby zu schlagen, begingen sie gegen die türkischen Außenposten hie und da Feindseligkeiten.

In der Hoffnung, diesen Störungen ein Ende zu machen, beorderte Mohammed Aly im August 1814 seinen Sohn, Tusun Pascha, nach Medinah zu gehen. Er langte im September zu Beder an und fand, dass die Beni Harb den Pass von Dschedeyde stark besetzt hatten und entschlossen waren, ihm den Eingang mit Gewalt zu verwehren. Sie verlangten trotzig das Leben des Divan Effendi, als ein Sühneopfer für die Ermordung ihres Scheikhs. Glücklicherweise starb der Divan Effendi gerade um diese Zeit, und zwar nicht ohne großen Verdacht der Vergiftung, und die Araber waren jetzt zu einer Versöhnung mehr geneigt. Ihr neuer Scheikh und die kleineren Häuptlinge erhielten wertvolle Geschenke; der Preis von Dschezyes Blut wurde, wie es bei den Beduinen gewöhnlich ist, an seine Verwandten gezahlt und mit den Beni Harb wiederum Frieden geschlossen. Nachdem Tusun Pascha das Defilé passiert hatte, langte er im Oktober 1814 mit ungefähr dreihundert Mann Infanterie und fünfhundert Mann Reiterei in Medinah an. Der größte Teil der letzteren war eben von Kairo gekommen. Die Reiterei nahm ihre Stellung zwei, oder drei Tagereisen über Medinah hinaus zu Hanakye, von wo sie viele Einfälle in das Gebiet der nördlichen Wahabystämme machte.

Um diese Zeit nahm die Sache der Türken durch ganz Hedschaz eine günstige Wendung, und man hatte die Hoffnung, dass nach erhaltener Verstärkung von Truppen und Kamelen, die mit der Pilgerkarawane erwartet wurden, der Pascha im Stande sein würde, persönlich eine große Unternehmung gegen den Feind anzuführen, als wiederum eine andere Niederlage den Stolz der Türken demütigte, der sie ungeachtet ihrer Feigheit und ihres Missgeschickes im Kriege niemals verlassen hatte. Abdin Bey mit seinen Arnauten hatte, wie bereits erwähnt worden, einige Distrikte in der Provinz Zohran, südlich von Tayf, besetzt. Um die täglichen Angriffe von Seiten seiner Feinde zu verhindern, hatte er das Land in einem Umkreise von vierzig englischen Meilen verheert und alles gänzlich zerstört, was durchpassierenden Truppen dienlich sein konnte. Er hatte sich an der einen Seite dieser künstlichen Wüste gelagert, und Bakhrudsch stand an der anderen und zwar gegen Süden. Bei der gewöhnlichen Nachlässigkeit türkischer Befehlshaber waren weder Verschanzungen aufgeworfen, noch vorgeschobene Posten, noch Schildwachen gegen den Feind aufgestellt worden, sodass also der feindliche Anführer mit seinem eigenen und mehreren alliierten Stämmen, so wie auch einer starken Abteilung Fußvolk von Tamy im Stande war, die Türken zu überrumpeln. Bakhrudsch stürzte sich eines Morgens im September auf die schlafenden Arnauten, die sich nicht so viel Zeit nahmen, nur einen Schuss zu tun, sondern ihr Lager verließen und alles, was dasselbe enthielt. Einen geringen Widerstand leisteten einige hundert Soldaten aus Romelien unter Mahu Beg, einem der gewandtesten Anführer des Paschas in Hedschaz; sie konnten sich aber nicht lange gegen die Übermacht der Wahaby halten; und dass die ganze Armee nicht völlig vernichtet wurde, verdankte sie einer Abteilung Reiterei, welche von einem syrischen Anführer, namens Hossein Bey, befehligt wurde, der den Rückzug deckte, auf welchem sie von Bakhrudsch zwei Tage lang verfolgt wurde.

Die Türken verloren abermals alle Zelte, Artillerie, Gepäck und Vorräte von Lebensmitteln, auch blieben achthundert türkische Infanteristen und achtzig Reiter. Erst nachdem der Rest der Armee Lye (vier Stunden von Tayf) erreicht hatte, wagte er, wieder eine Stellung zu nehmen. Hier bekam Abdin Bey einige Verstärkung von Tayf und Kolach; und da es bekannt wurde, dass die Araber in ihre Heimat zurückgekehrt seien, so rückte er zum zweiten Mal auf den Befehl des Paschas nach Zohran vor. Der Türken hatte sich indessen ein solcher panischer Schrecken bemeistert, dass die Hälfte derselben davonlief und in Tayf anlangte. Abdin Bey war deshalb genötigt, in geringer Entfernung von Lye sein Hauptquartier aufzuschlagen, da ihm der nötige Ersatz an Mannschaft fehlte.

Diese letzte Niederlage hatte die Truppen äußerst mutlos gemacht. Bis jetzt hatte Abdin Bey hinsichtlich seiner militärischen Kenntnisse und seines Mutes in hohem Rufe gestanden, und seine Truppen waren sicherlich die besten der ganzen Armee; aber das letzte Missgeschick gab seinen Soldaten, die bereits nicht viel Lust zu fechten hatten, die Überzeugung, dass fernerer Widerstand gegen so zahlreiche Feinde, wie die Wahaby, vergeblich sein würde; und unter den Türken befand sich nicht ein einziger Mann, der sich nicht wohlbehalten nach Ägypten zurückgewünscht hatte. Da es die Türken indessen besser, als irgendeine andere Nation verstehen, zu bösem Spiele gute Miene zu machen, so schilderten sie ihre letzte Niederlage als einen Sieg, weil die Reiterei die Köpfe von ungefähr sechzig Wahaby mit nach Tayf gebracht hatte; und während die Armee in den Mauern dieser Stadt zitterte, wurde zu Dschidda mit Kanonendonner ein Sieg verkündigt. Auch Kairo wurde drei Tage lang beleuchtet, um die ruhmvollen Taten Abdin Beys zu feiern. Bald nach diesem Ereignis kam zur rechten Zeit Verstärkung der Reiterei aus Kairo. Von allen libyschen Beduinenstämmen, welche den Sommer über in der Nähe des Niltales lagern, war Reiterei angeworben worden, und achthundert Mann derselben kamen jetzt nach Hedschaz. Dies waren nun selbst Beduinen, die an den Krieg, wie ihn die Wahaby führten, gewöhnt waren; Pferde und Reiter konnten in gleichem Grade Strapazen ertragen; auch hatte ein jeder Reiter ein Kamel bei sich, welches für die entfernteste Unternehmung die Bedürfnisse trug. Die Hälfte dieser Reiter war zu Tusun Pascha, der sich eben nach Medinah begab, gestoßen. Die andere Hälfte derselben ging nach Tayf und war kaum daselbst angelangt, als sie sich auch durch kühne Angriffe der Wahabystämme auszeichnete, die mehrere Tagereisen östlich von Taraba lagerten. Bei diesen Unternehmungen hatten sie Beduinen aus diesen Gegenden zu Führern. Sie waren alle mit Flinten und Pistolen bewaffnet und als gute Schützen bekannt, — Umstände, durch welche sie ihren Feinden sehr furchtbar wurden. Bei einem solchen Angriffe nahmen sie einem Wahabylager 8000 Schafe ab.

Die Pilgerkarawanen langten im November aus Syrien und Ägypten an. Mit der ersteren kamen 3000 Kamele, welche Mohammed Aly von den syrischen Beduinen gekauft hatte, und Tusun Pascha hatte zu Medinah von den durchziehenden Karawanen 1000 Kamele von der ursprünglichen Zahl, 4000, genommen, um seinen eigenen Mangel an Transportkamelen zu ersetzen, der zu Medinah ebenso fühlbar war, als in den südlichen Teilen von Hedschaz. Auch die ägyptische Karawane brachte 2500 Kamele und außerdem noch eine Verstärkung von 1000 türkischer Reiterei mit. Damit nun diese sämtlich für militärische Zwecke verwendet werden könnten, wurde die ganze Karawane zu Mekka behalten, und der Mahmal, nachdem die Wallfahrt vorüber war, zu Wasser nach Suez gesendet. Diese ganze Karawane bestand, wie ich bemerken muss, bloß aus Soldaten, oder Staatsbeamten, denn alle Privatpilger hatten den Befehl erhalten, ihre Reise zu Wasser zu machen.

Auch der Pascha kam von Tayf, um der Zeremonie der Wallfahrt beizuwohnen und Soleyman, Pascha von Damaskus, zu treffen, welcher abermals die Karawane aus Syrien begleitet hatte. Die Lieblingsfrau Mohammed Alys, die Mutter Tusuns, war zu Wasser angelangt, um die Wallfahrt zu machen. Ihr Gefolge war so glänzend, als es bei dem Reichtum Ägyptens nur möglich war. 400 Kamele trugen ihr Gepäck von Dschidda nach Mekka, und ihr Zelt, am Fuße des Berges Arafat aufgeschlagen, kam an Größe und Pracht demjenigen bei, was man in den Feenmärchen, oder in den arabischen Romanzen liest. Mehrere Personen von hohem Rang waren aus Konstantinopel gekommen, um die Kaaba zu besuchen, und die Wallfahrt, welcher ich selbst beiwohnte, wurde dieses Jahr von 80.000 Personen jeden Standes und jeder Nation gemacht. Nach der Zeremonie bleibt die syrische Karawane in der Regel einige Tage zu Mekka. Mohammed Aly verlängerte aber bei dieser Gelegenheit ihren Aufenthalt um 10 Tage über die gewöhnliche Zeit hinaus, indem er alle Kamele in Beschlag nahm (an der Zahl über 12.000), um damit Vorräte zwischen Dschidda und Mekka für seine Truppen zu transportieren.

Nachdem er seine ganze effektive Macht zwischen Mekka und Tayf gesammelt hatte, und der Zustand seiner Magazine, wie auch die Zahl seiner Lager ihm Hoffnung auf Erfolg bei einer Unternehmung gegen den Feind gab, erklärte er seine Absicht, sich selbst an die Spitze der Armee zu stellen, wodurch einigermaßen seinen Truppen Mut einflößte. Taraba wurde wiederum als der erste Angriffspunkt ins Auge gefasst. Eine gut bediente Artillerie, aus 12 Feldschlangen bestehend, erweckte bei den Soldaten das Vertrauen, dass die Mauern von Taraba nicht lange Widerstand leisten würden, und dass niemand nötig haben würde, die Mauer zu ersteigen, wie es der Fall gewesen war, als Tusun Pascha seinen Angriff machte. 500 Äxte waren ebenfalls mitgenommen worden, um die Palmenbäume niederzuschlagen, welche die Annäherung an die Stadt verhinderten. Auch 20 Maurer und ebenso viel Zimmerleute waren der Armee beigegeben worden, um eine Mine zu legen, die den Feind auf einmal in die Luft sprengen sollte. Damit die Soldaten ganz sicheres Vertrauen auf den Erfolg setzen möchten, wurde von Wady Fatme eine Kamelsladung Wassermelonensamen gebracht und in Pomp durch die Stadt Mekka geführt. Er sollte nach der förmlichen Zerstörung von Taraba auf die Stelle gesät werden, wo vorher diese Stadt gestanden hatte. Aber diese Anstalten, weit entfernt, das Gemüt der Soldaten zu beruhigen, vermehrten nur ihre Bedenklichkeit, indem daraus hervorging, welches Gewicht man auf die Einnahme dieses Platzes legte und wie schwierig man die Unternehmung erachtete.

Der Feind lachte, als er vernahm, dass Mohammed Aly die Einnahme von Taraba als zuverlässig betrachte; und um diese Zeit erhielt der Pascha einen Brief vom Scheikh Bakhrudsch in jenem höhnischen und spöttischen Style geschrieben, wovon die arabische Geschichte viele Beispiele darbietet. Er sagte ihm, dass er bereits viele Beweise habe von dem, was die Wahaby tun könnten, und dass, wenn er entschlossen sei, sich mit ihnen in ein Gefecht einzulassen, er für bessere Truppen sorgen müsse, als diejenigen, welche er jetzt befehlige; am besten werde er indessen tun, wieder nach Ägypten zurückzukehren und sich das süße Wasser des Nils schmecken zu lassen. Bakhrudsch büßte, wie wir nachher erfahren werden, durch einen schimpflichen Tod diese Beleidigung der Würde eines türkischen Paschas.

Als eine Ermutigung für die Armee wurden 13 Beduinen vom Stamm Ateybe, welche auf der Straße nach Dschidda gefangen worden waren, für Wahabitische Räuber erklärt (obschon es sich später aufs Deutlichste erwies, dass sie nach Dschidda gewollt hatten, um Lebensmittel einzukaufen) und in einer Ebene bei Mekka vor einer unermesslichen Menge Volkes hingerichtet. Einer von diesen Männern schlug in dem Augenblick, als ihm die Hände entfesselt wurden und ein türkischer Soldat bereit war, ihm den Todesstoß zu geben, denselben nieder und entkam durch die Menge. Es würde ihm wohl gelungen sein, das Leben zu retten, wenn er in den Gebirgen seine Zuflucht gesucht hätte, statt in der Ebene seinen Lauf fortzusetzen, wo er eingeholt und von einem türkischen Pilger, welcher zufällig beritten war, zusammengehauen wurde. Bei dieser Gelegenheit legten die niederen Klassen der Eingeborenen ihren großen Hass gegen die Türken an den Tag; sie zischten laut die Soldaten aus und sprachen über sie Verwünschungen aus, die da grausamer Weise ihre unglücklichen Schlachtopfer in Stücken zerhieben. Der Flüchtling wurde durch Beifallsgeschrei, in seinem Versuche zu entkommen, ermutigt, während der Hadschy, welcher ihn tötete, mit den schmähligsten Schimpfworten und mit Verwünschungen belegt wurde.

Nachdem nun alles für die Unternehmung vorgerichtet war, die das Geschick dieses Feldzuges entscheiden sollte, verließ Ahmed Bonaparte am 15ten Dezember 1815 Mekka mit dem größeren Teile des Fußvolks und rückte mit demselben sogleich bis nach Kolach vor. Der Pascha war Willens, ihm mit etwa 1200 Mann Reiterei den 24sten zu folgen, als er mit einem mal Nachricht erhielt, dass eine starke Wahabitische Macht in der Nachbarschaft von Gonfode gesehen worden sei, die sich gegen Dschidda hin bewegt hätte. Diese Nachricht verursachte große Unruhe. Man schickte Beduinen als Kundschafter aus, um darüber nähere Nachricht zu bekommen. Auch zu Dschidda herrschte die größte Unordnung, denn es stand zu erwarten, dass die Wahaby, wenn sie nicht die Stadt selbst angriffen, doch die Verbindung derselben mit Mekka abschneiden würden. Seit einiger Zeit fehlte es zu Dschidda sehr an Wasser. Die Zisternen der Regierung wurden jetzt eiligst durch Zwangsmaßregeln gefüllt, und die Einwohner der Stadt bezogen ihren Bedarf aus Brunnen, welche drei Stunden weit entfernt lagen. Alle Arten von Lebensmitteln stiegen jetzt in Mekka um 30 Prozent schon aufs erste Gerücht; aber die Leute erholten sich wieder von ihrem panischen Schrecken, als es bekannt wurde, dass nur eine kleine Abteilung von Tamys Soldaten ihre Zelte bei Gonfode aufgeschlagen hätte.

Einige Tage nachher langte die Nachricht an, dass Bakhrudsch in das Gebiet der Naszera-Araber, welche mit dem Pascha alliiert waren, eingefallen sei und das befestigte Dorf Bedschile, ihre Hauptfestung, wo auch eine Garnison von Arnauten lag, gänzlich zerstört habe. Es war ehedem das Hauptquartier von Abdin Bey. Es kamen auch Nachrichten an, die da meldeten, dass man zu Taraba bedeutende Vorbereitungen auf den Empfang der Türken treffe, und dass dieser Stadt von allen Seiten her Verstärkungen zuströmten, um sie gegen den gedrohten Einfall zu verteidigen.

Am 26sten des Monates Moharram 1230 (oder den 7ten Januar 1815) marschierte Mohammed Aly Pascha mit allen Truppen und Kamelen, die er nur hatte zusammenbringen können, aus Mekka nach der Gegend von Kolach, wo Hassan Pascha, Abdin Bey, Mahu Bey, Ahmed Bonaparte, Topus Oglu, Scherif Radscheh und andere Anführer seiner Armee bereits versammelt waren und wo er hinlängliche Vorräte auf 50, oder 60 Tage zusammengebracht hatte. Als er nach Zeyme (der 2ten Station auf der nördlichen Straße von Mekka nach Tayf und Kolach) kam, empfing er Eilboten aus Tayf, welche ihm meldeten, dass ein beträchtliches Korps der Feinde sich auf Byssel geworfen (welches zwischen Tayf und Kolach liegt) und alle Kommunikation zwischen diesen Orten abgeschnitten habe. Ein anderes feindliches Korps habe sich östlich von Kolach gegen die Beduinen des Stammes Ateybe, bekanntlich Alliierte der Türken, gewendet. Mohammed Aly beschleunigte seinen Marsch auf Kolach, wo er den Mittwoch anlangte und den Scherif Radscheh mit seinen Beduinensoldaten und der libyschen Reiterei den Ateybe zu Hilfe sendete, während er selbst den Donnerstag mit seiner ganzen Kavallerie auf Byssel vorrückte. Er fand die Wahaby an den Gebirgen gelagert, welche sich gegen die Ebenen von Kolach öffnen. Sie hatten mehrere schöne Brunnen inne, während die türkischen Soldaten ihren Wasserbedarf auf Kamelen von Kolach herbeiführten. Die Macht der Wahaby ist auf verschiedene Weise angegeben worden und betrug, den besten Nachrichten zufolge, an 25.000 Mann Infanterie und etwas Reiterei. Da die Gebirge hier arm an Pferden sind, und die Wahaby, sobald sie weite Züge vornehmen, selten viel Reiterei bei sich haben, so verlassen sie sich hauptsächlich auf ihre Kamelreiter und ihr Fußvolk mit Feuergewehren.

Bei ihrer Armee hatten sie 5000 Kamele, aber nicht das Geringste von schwerem Geschütz. Sie bestand meistenteils aus Männern der südlichen Stämme und einem kleinen Korps von den nördlichen Stämmen, indem letztere gegenwärtig durch die feindlichen Demonstrationen des Tusun Pascha zu Medinah im Schach gehalten wurden. Alle Häuptlinge der Gebirge Jemens und der südöstlichen Ebene waren bei der Armee, wie auch Faysal, der Sohn Sauds und der Bruder des gegenwärtigen Oberhauptes der Wahaby. Unter den ersteren nahmen Tamy, der Scheikh des Stammes Asyr, und Ibn Melha, der Agyd oder der Kriegsanführer dieses Stammes, den ersten Rang ein, und der dritte Teil der Armee bestand aus ihren Arabern. Ibn Katnan, Scheikh des Stammes Sabya, Ibn Khorschan, Häuptling von Taraba, Ibn Schokban, Häuptling von Beische, Bakhrudsch, Scheikh der Stämme Ghamez und Zohran, Ibn Dahman, Scheikh des Stammes Schomran, Ibn Katamel, Häuptling desjenigen Teiles der Ateybe, welcher auf der Seite der Wahaby geblieben war, Ibn Mahy, ein Häuptling der Dowasir, welche weit gegen Südosten nach Hadramaut hin ihre Wohnsitze haben, und viele ebenso berühmte und mächtige Anführer befehligten verschiedene Korps dieser Armee. Dadurch, dass sie eine Diversion[2] nach Gonfode hin machten, wollten sie die Aufmerksamkeit des Paschas vom Hauptgegenstand ihres Angriffes abziehen und stürzten sich ganz unerwartet auf Byssel, wo sie eine starke Position im eigentlichen Mittelpunkte der türkischen Linien einnahmen. Als die Kavallerie des Paschas nahte, blieben sie auf ihren Bergen und schlugen einen Angriff auf ein Tal ab, wo Mohammed Aly eine seiner Feldschlangen aufzupflanzen wünschte. Der ganze Donnerstag wurde mit mehreren vergeblichen Versuchen von Seiten der türkischen Reiterei hingebracht, welche über 20 Mann bei ihrem letzten Angriffe verlor, die mit den Lanzen der Wahabitischen Reiter getötet worden waren.

Obgleich nicht viele diesen Tag geblieben waren, so begannen doch die Türken schon am Erfolge zu verzweifeln, während die Wahaby sich die größte Hoffnung machten, den Feind durch wiederholte Niederlagen zu schwächen und ihn endlich ganz zu vertilgen. Mehrere türkische Soldaten, wie auch Beduinen im Dienste des Paschas, die ein solches Resultat befürchteten, liefen heimlich davon und eilten nach Mekka zurück, welches sie den folgenden Sonnabendabend erreichten. Hier verbreiteten sie die Nachricht von einer vollständigen Niederlage, vom Tode des Paschas und von anderem Missgeschick.

Von dem Schrecken, welchen diese Nachrichten in Mekka verbreiteten, kann man sich kaum eine Vorstellung machen. Ich befand mich damals gerade selbst in Mekka und kann hier als Augenzeuge gelten. Eine Menge Nachzügler, welche zur Armee gehörten, und türkische Pilger, welche eben im Begriff waren, nach Hause zu reisen, ferner türkische Kaufleute und Soldaten, die sich in der Stadt befanden, – alle glaubten, ein Raub des Todes zu weiden, sobald nur die siegreichen Wahaby einrücken würden. Für ein Kamel, um eine einzige Person nach Dschidda zu schaffen, wurden 400 Piaster geboten; aber die wenigen Beduinen, welche Kamele hatten, begaben sich aufs erste Gerücht der Niederlage in die Gebirge. Mehrere Personen verließen Mekka noch denselben Abend zu Fuße und suchten Dschidda bis zum nächsten Morgen zu erreichen. Andere begaben sich zur Garnison im Kastell und bedeckten sich mit Beduinen-Lumpen, um nicht für Fremde gehalten zu werden; aber niemand dachte an Verteidigung, und Scherif Yahya selbst, obschon er keine offizielle Nachricht erhalten, hatte sich zu einer plötzlichen Flucht nach Dschidda vorbereitet. Ich meines Teils hatte die Überzeugung, dass, wenn der Pascha geschlagen worden sei, die leichten Truppen der Wahaby alle Fliehenden auf der Straße nach Dschidda auffangen und ihnen die Möglichkeit des Entkommens nehmen würden. Ich hielt deshalb die große Moschee für mein sicherstes Asyl, da sie von den Wahaby jederzeit als ein unverletzliches Heiligtum betrachtet worden war. Nachdem ich die wenigen Gegenstände von Wert, welche ich besaß, nebst einem guten Vorrat von Zwieback in einen Sack gesteckt hatte, ging ich mit meinem Sklaven in die Moschee und schlug daselbst meine Wohnung auf, wohin sich aus demselben Beweggrund auch viele arme Pilger begeben hatten. Mein Zwieback mit dem Wasser Zemzem in der Moschee möchte einige Wochen lang für meine Bedürfnisse ausgereicht haben. Dass nicht sämtliche Türken meinem Beispiel folgten, ist lediglich dem Umstand zuzuschreiben, dass sie die Wahaby nach sich selbst beurteilten, denn sie können sich nicht vorstellen, dass ein Soldat in der Stunde des Sieges irgendeinen Ort für heilig halten werde.

Aber unsere Befürchtung beruhte auf eingebildeten Unglücksfällen, und nach einer angstvollen Nacht wurden wir den nächsten Morgen mit der offiziellen Nachricht der gänzlichen Niederlage der gefürchteten Wahaby überrascht und erfreut. Mohammed Aly Pascha hatte während der Gefechte am Donnerstage deutlich eingesehen, dass er auf Erfolg gar nicht rechnen könne, so lange der Feind auf den Bergen bleibe. Er wusste auch, dass, wenn er den folgenden Tag unglücklich sei, seine Laufbahn in Hedschaz und in Ägypten wahrscheinlich für immer geschlossen sein werde. Er schickte deshalb des Nachts nach Kolach und ließ Verstärkung holen, gab auch den Befehl, dass 2000 Mann Fußvolk mit der Artillerie eine Position in der Flanke des Feindes nehmen solle. Den folgenden Morgen erneuerte er sehr frühzeitig den Angriff mit seiner Reiterei und wurde abermals zurückgeschlagen. Nun versammelte er seine Offiziere und gab ihnen den Befehl, mit ihren Kolonnen sich der Position der Wahaby mehr zu nähern, als es vorher geschehen sei, die Gewehre abzufeuern und dann in scheinbarer Unordnung sich zurückzuziehen. Dies geschah, und als die Wahaby den Feind fliehen sahen, glaubten sie, dass der glückliche Augenblick gekommen sei, wo sie ihn ganz vernichten könnten. Sie verließen ihre feste Position an den Gebirgen und verfolgten die fliehenden Türken über die Ebene. Alles ging, wie es der Pascha erwartet hatte. Als er den Feind für hinlänglich entfernt von den Bergen hielt, sammelte er seine Reiterei, bot den Verfolgern die Stirn und die Schlacht war bald für ihn gewonnen.

Die türkische Infanterie tournierte jetzt die Stellung der Araber. Scherif Radscheh war gerade mit seinem Korps angelangt, nachdem er den falschen Angriff des Feindes auf die Ateybe zurückgewiesen hatte; er vereinigte sich mit Mohammed Aly, besetzte das Tal, durch welches die Wahaby ihren Rückzug nehmen mussten und nötigte sie auf diese Weise, in der größten Unordnung zu fliehen. Zur Verfolgung eines besiegten Feindes sind die türkischen Soldaten vortrefflich zu gebrauchen. Sobald Mohammed Aly den Feind fliehen sah, machte er unter seinen Truppen bekannt, dass er jeden Kopf eines Wahaby mit 6 Dollars bezahle. In wenig Stunden waren 5000 solcher Köpfe vor ihm aufgeschichtet. In einem engen Tal waren 1500 Wahaby umzingelt und zusammengehauen worden. Ihr ganzes Lager und Gepäck und die meisten ihrer Kamele wurden eine Beute der Türken. Tamy selbst entkam nur mit wenig Gefolge.

Gegen 300 Wahaby wurden auf ausdrücklichen Befehl Mohammed Alys lebendig gefangen. Er hatte seinen Leuten befohlen, ihnen Pardon anzubieten, indem sehr wenige Feinde sich so weit herabgelassen hatten, um Gnade zu flehen. Scherif Radscheh wurde mit einiger Reiterei zur Verfolgung der Flüchtlinge beordert und ihm schlossen sich viele der benachbarten Araber an, welche wahrscheinlich ebenso viel Eifer gegen die Türken bewiesen haben würden, für den Fall, dass die Wahaby der siegende Teil geblieben wären.

In dieser Schlacht nahm der Pascha persönlichen Anteil am Kampf, in den Augenblicke, wo er seine Reiterei umwenden und dem Feinde die Stirne bieten ließ. Seine Anordnungen während der Nacht vor dem Angriff und überhaupt die Art und Weise, wie er seine Truppen noch dahin gebracht hat, dass sie dem Feinde Widerstand leisteten, nachdem sie schon alle Hoffnung des Erfolges aufgegeben hatten, verdient alle Anerkennung. Auf seiner Seite zeichnete sich niemand in höherem Grade aus, als Scherif Radscheh. Mit seiner berühmten Stute und seiner Lanze galoppierte er weit der Armee voraus, drang in dichte Haufen des Feindes ein bis zum Zelte Faysal’s, welches sich im ganzen Lager am meisten bemerkbar machte, stieß seine Lanze vor dem Zelte in die Erde und verteidigte sich mit seinem Schwerte gegen eine Menge Wahaby, bis seine Freunde herbeikamen und ihn wieder freimachten. Als Mohammed Aly bald nachher an dieser Stelle vorüberkam, fragte er den Scherif, wem dieses Zelt gehöre? Dem Faysal, war die Antwort. So nimm es denn, sagte der Pascha, mit allem, was darin enthalten ist. Außer den Kamelen machte die Armee keine Beute von großem Werte. Radscheh fand in dem Zelte Faysals nur 2000 Dollars. Eine Menge Streitigkeiten fielen zwischen den türkischen Soldaten und den alliierten Beduinen, welche den Scherif Radscheh begleiteten, über die Teilung der Beute vor. Der Pascha schien geneigt, die Beduinen zu begünstigen, und die meisten Kamele kamen auf ihren Anteil. Die Türken sollen an diesem Tage zwischen 400 und 600 Mann verloren haben.

Die Niederlage der Wahaby muss gänzlich dem Umstand zugeschrieben werden, dass sie von dem Berge herab in die Ebene gingen, wo sie keine Mittel hatten, der türkischen Reiterei Widerstand zu leisten. Saud hatte noch in den letzten Worten, die er an seinen Sohn richtete, denselben vor einem solchen Benehmen gewarnt. Aber bei der Verachtung, in welcher die türkischen Truppen bei den Wahaby standen und bei dem Wunsche, dem Feldzug ein Ende zu machen und vielleicht sich der Person Mohammed Alys zu bemächtigen, vergaßen sie das wohl berechnete Kriegssystem, welches sie bisher angewendet hatten; und ihr Erstaunen, sich so plötzlich überwältigt zu finden, machte sie zu allem Widerstand unfähig.

Es werden indessen einige Anekdoten von ausgezeichnetem Mut erzählt, den die Wahaby bei dieser Gelegenheit an den Tag gelegt haben. Ibn Schokban schlug sich mit einigen 100 Mann durch die ganze türkische Infanterie und entkam. Bakhrudsch, einer der wildesten unter den Anführern der Wahaby, tötete mit eigener Hand zwei Offiziere des Paschas, und als ihm sein Pferd unter dem Leib erschossen wurde, mischte er sich unter die türkische Reiterei, bis er Gelegenheit fand, einen Reiter vom Pferde zu reißen, welches er dann bestieg und glücklich entkam. Auf den Bergen wurden ganze Abteilungen der Asyr-Araber gefunden, die sich an den Beinen mit Stricken zusammengebunden hatten. Beim Abschiede von ihren Familien hatten sie nämlich alle bei der Scheidung von ihren Weibern gelobt (ein Eid, der unter den Beduinen gewöhnlich ist und streng gehalten wird), nicht vor den Türken zu fliehen und, wo möglich, siegreich zurückzukehren. Da die Schlacht für sie unglücklich ablief, so beschlossen sie, wenigstens einander gegenseitig am Weglaufen zu verhindern. Sie fochten so lange, als sie noch Munition hatten, und wurden dann niedergemetzelt.

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[1] Verpflegung

[2] Ausscheren

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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