Mein kleiner Erfahrungsbericht von der Vereint-im-Islam Konferenz 2018

Wie mein Mitblogger , möchte auch ich mich heute in einem Erfahrungsbericht zum Verein-im-Islam-Event in Hamburg äußern.

Verein im Islam wurde ursprünglich als eine überregionale, ja in Teilen sogar internationale deutschsprachige Islam-Konferenz konzipiert, eine Veranstaltung mit Vorträgen, Unterrichten, Seminaren, Podiumsdiskussionen und einem umfangreichen Unterhaltungsprogramm.

2012 fand die Veranstaltung das erste Mal statt und war bereits 2013 schon so ambitioniert, dass man zwei Tage für die gesamte Konferenz veranschlagen musste.

Einer der Gründe für dieses Engagement soll gewesen sein, dass damals deutschsprachige Prediger aus dem Salafi(sten)-Milleu bundesweit ganze Hallen mit jugendlichen Zuhörern füllten und man dieser Entwicklung etwas entgegensetzen wollte.

Die örtlichen Gemeinden bundesweit sahen sich diesem Phänomen jedoch hilflos gegenüber, da – wie wir wissen – die allermeisten muslimischen Gemeinden, Vereine und Verbände hierzulande im Grunde nichts anderes sind als fremdländische Kulturvereine oder Absprengsel fremdländischer Politgruppen und Religionsbehörden. Also musste man aufgrund des regionalen Mangels an deutschsprachig-eloquenten Referenten eine zentrale Veranstaltung aus der Traufe heben, auf der man die eigenen deutschsprachigen Exoten aus dem Bundesgebiet (und darüber hinaus) feilbieten konnte.

Dies wurde dann also die Vereint-im-Islam-Konferenz, übrigens keine 1500m von meiner Wohnung entfernt, im Bürgerhaus Wilhelmsburg in Hamburg.

Parallel zu diesen Bemühungen wurden auch die staatlichen Exekutivorgane und Medien aktiv, indem sie begannen die Veranstaltungen der Salafisten zu verhindern. Es wurden Hallenbetreiber und Moscheegemeinden unter Druck gesetzt, die Raum oder Organisation für Vorträge zur Verfügung stellten, und auch hier in Hamburg, wo 2010 bereits – im Einvernehmen mit den hiesigen Moscheegemeinden – die Taiba-Moschee verboten und geschlossen wurde, verfolgte man Salafisten, stellte sie medial an den Pranger und vereitelte ihre Bemühungen Vorträge und Unterrichte anzubieten. Auch hier war man vonseiten der SCHURA und den tonangebenden Gemeinden Hamburgs nicht ganz unbeteiligt.

Diese gemeinsame Front gegen Salafisten und gleichsame Duldung immenser Repression gegen Andersdenkende, auch in Hamburg, erzeugte in mir ein große Abneigung gegen das VIS-Event und seine Ausrichter. Obwohl ich so nah am Veranstaltungsort lebe, habe ich die Konferenzen 2012 bis 2016 nicht besucht. Als die Konferenz 2017 ausfiel, muss ich offen zugeben, erlebte ich sogar einen kleinen inneren Reichsparteitag.

Dieses Jahr sollte aber alles anders werden. Ich habe den Titel der Konferenz (typisch salafistisch) wortwörtlich genommen und besuchte die Veranstaltung ganz im Sinne der Einheit und der Verständigung. Die angekündigten Referenten haben mich dabei nicht unbedingt gereizt. Entweder kannte ich sie nicht oder ich kannte sie schon zu gut um mir dafür € 18,- Eintritt aus dem Ärmel schütteln zu lassen.

Mir ging es in erster Linie darum mit Muslimen gemeinsam etwas zu erleben und mit ihnen ggf. auch in einen Dialog zu treten. Hierzu begleiteten mich mein Mitblogger und sein Freund Lars. Etwas später stieß dann noch Marcel Krass hinzu, der wohl – nach Pierre Vogel – zu den bekanntesten deutschstämmigen und -sprachigen Islampredigern zählen dürfte und von staatlichen Agenturen und Medien ebenfalls zum salafistischen Spektrum gezählt wird.

Der Vollständigkeit halber muss ich unbedingt darauf hinweisen, dass mein Mitblogger Nuruddin nach eigenem Verständnis KEIN Salafi(st) ist. Das liegt vermutlich daran, dass dieser verflixte Sufi Ali Ghandour ihn vorzeitig meiner salafistischen Indoktrination entziehen konnte.   🙂

Man muss an dieser Stelle unbedingt erwähnen, dass die VIS-Konferenz ordentlich abgespeckt hat. Anstatt 2, war es dieses Jahr nur noch 1 Konferenztag, es gab keine Seminare, keine Podiumsdiskussion und auch kein Musikkonzert (*freu). Es gab lediglich 6 Referenten, 1 Interview und einen muslimischen Komödianten.

Von den 6 Referenten habe ich leider den Vortrag des Dr. Kerim Edipoğlu verpasst, hatte aber stattdessen eine ausdehnte und freundliche Unterhaltung mit den dortigen Vertretern der Islamischen Zeitung, mit der ich im digitalen Raum eher auf Kriegsfuß stehe. Es hat sich bei alledem auch hier wieder meine These bewahrheitet, dass die digitale und unpersönliche Kommunikation in den sozialen Netzwerken sehr unvorteilhaft ist, wenn man Menschen allgemein und Glaubensgeschwister im Besonderen kennenlernen möchte, wobei ich mit dem Brudi Sulaiman Wilms auch auf Facebook schon einen recht respektvollen Umgang etablieren konnte, was übrigens dazu führte, dass meine jahrelange Sperrung für Likes und Kommentare auf der Facebookseite der IZ aufgehoben wurde.

Grundsätzlich empfand ich alle vorgetragenen Referate als kurzweilig und hörenswert, wobei ich natürlich nicht mit allem übereinstimmen konnte. Besonders das Hadith-Verständnis des Penzberger Imams Benjamin Idriz, das m.E. quranitisch-schiitische Anleihen aufwies, stieß mir etwas übel auf.

Was mir besonders auffiel, war, dass die Vorträge der weiblichen Referenten viel sachlicher wirkten, während die männlichen Referenten, neben ihrem Thema, auch sich selbst zu präsentieren und das Publikum zu unterhalten suchten. So war Mohammed Naved Johari sehr agil unterwegs auf der Bühne, rempelte dabei sogar Tische und Stühle an, machte viele Scherze und bezog dabei auch das Publikum mit ein. Ferid Heider war zwar nicht ganz so auffällig unterwegs, aber auch bei ihm sah man Ansätze dieses Konzepts auch Entertainment bieten zu wollen.

Die Referate der beiden Schwestern hingegen haben mich mehr angesprochen, wobei ich den Vortrag von Dr. Silvia Horsch geradezu gefeiert habe. Form und Inhalt ihres Beitrages haben mich nachhaltig berührt, überzeugt und belehrt. Ich kann nur hoffen, dass dieser Vortrag aufgezeichnet wurde und demnächst frei verfügbar sein wird. Ich werde ihn garantiert auf diesem Blog publizieren.

Von der allgemeinen Stimmung beim VIS 2018 kann man sagen, dass es offen und freundlich war. Es gab keine offenen Konflikte und auch wir (speziell Marcel und ich) wurden freundlich behandelt und willkommen geheißen. Das Publikum war wirklich sehr gemischt. Es gab dort von sogenannten liberalen bis hin zu orthodoxen Muslimen wirklich die ganze Bandbreite zu sehen. Frauen mit und ohne Kopftuch, teils eng bekleidete Hipster-Hijabis bis hin zu devoten Jilbabträgerinnnen, Männer mit und ohne Vollbart usw..

Gerade bei Marcel hatten wir mitunter die Befürchtung, dass man kritisch oder ablehnend an uns herantreten würde, aber das Gegenteil war der Fall. Marcel wurde von vielen Besuchern erkannt und herzlich willkommen heißen, auch von offiziellen Mitarbeitern der VIS-Veranstaltung. Es bildeten sich mitunter sogar kleine Menschentrauben um ihn, in denen man sich über sein Wohlbefinden erkundigte und bedauerte, dass er derzeit keine Vorträge mehr gebe.

Alles in allem hat es sich wirklich gelohnt. Für VIS 2019 würde ich mir wünschen, dass es zusätzlich wieder Seminare und Podiumsdiskussionen geben wird und dass man sich endlich auch an die Bedürfnisse der muslimischen Kinder wendet, für die bisher gar nichts geboten wird, trotz € 18,- Eintritt für Kinder ab 2 Jahren (sic!).

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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