Von Yahya ibn Rainer
Er ist Rechtsanwalt, kritischer Journalist und Publizist, war Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte (heute Vizepräsident), wirkte als Gutachter in Bundestags- und Landtagsausschüssen, wurde 2007 zum stellvertretenden Mitglied des Bremer Staatsgerichtshofs gewählt und absolvierte Gastauftritte in Polizeiakademien und sogar beim hessischen Verfassungsschutz. Sein Name ist Dr. Rolf Gössner und er wurde, sage und schreibe, 39 Jahre lang vom deutschen Innengeheimdienst (Verfassungsschutz) beobachtet und ausspioniert.
Dieser Vorgang ist wirklich unheimlich und erschreckend, denn Herr Dr. Gössner stellte zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland dar. Sein Problem, oder eher das Problem des deutschen Innengeheimdienstes, war seine kritische journalistische Tätigkeit, denn er befasste sich kritisch mit den Machenschaften eben dieses deutschen Innengeheimdienstes.
Aufmerksam wurde ich auf diesen Fall eher nebenbei. Von einem Journalisten der TAZ, mit dem ich Anfang Februar gemeinsam die As-Sunnah-Musalla in Pinneberg besuchte, erfuhr ich davon. Aber ich kümmerte mich nicht weiter darum. Erst in der März-Ausgabe der ver.di-Gewerkschaftszeitung PUBLIK stieß ich dann wieder auf diese Story (hier>>). Das Schicksal, welches dem Herrn Gössner widerfuhr, ist durchaus vergleichbar mit dem Schicksal einiger sogenannter „Salafisten“ in der heutigen Zeit. Herr Gössner kam im Rahmen seiner Tätigkeit mit allerhand Menschen zusammen. Darunter waren eben auch Kommunisten, Sozialisten oder gar Anarchisten usw. Allein dieser Umstand bot dann anscheinend den Anstoß für eine (wirklich) langjährige Überwachung.
Auch (oder besonders) bei Muslimen ist heutzutage eine Überwachung durch den deutschen Innengeheimdienst en vogue. In den diversen Verfassungsschutzberichten heißen die natürlich nicht Muslime, sondern bekommen so schöne Namen wie Islamisten, Salafisten oder Wahhabiten, und durch die passende Flankendeckung der Mainstream-Medien erscheinen diese Aktivitäten auch durchaus als angebracht.
Aber wir müssen uns das nicht bieten lassen. Auch der Verfassungsschutz muss sich an Regeln halten und eine dieser Regeln nennt sich Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit. Herr Dr Rolf Gössner hat sich gewehrt und war erfolgreich. Die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts in Köln, im Fall Gössner vs. BfV, ist eine Schelte für den Innengeheimdienst und eine Stärkung der Menschenrechte in Deutschland. Dazu einfach mal DIESEN Artikel lesen. HIer ein Auszug:
Das Gericht stellte fest, dass auch scharfe, provokante, polemische oder ironische Kritik an staatlichen Sicherheitsorganen wie Polizei oder Geheimdiensten kein Grund für eine geheimdienstliche Überwachung sein darf, genauso wenig wie Gössners substantiierte Kritik (das BfV spricht von: „Agitation“) etwa am KPD-Verbot, an Berufsverboten, an der Polizeientwicklung oder am „Verfassungsschutz“ selbst. Auch die bloße Kritik an wesentlichen Elementen der Verfassung oder tragenden Bestandteilen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, so die Richter, reiche als Anlass nicht aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung zu bejahen und einen Staatskritiker unter geheimdienstliche Beobachtung zu stellen.