„Das Ziel [der expandierenden Staatsgewalt] ist die Zerstörung jeder Befehlsgewalt außerhalb des Staates. Es bedeutet völlige Unabhängigkeit eines jeden von familiären und sozialen Autoritäten; aber sie muß mit vollständiger Unterwerfung unter den Staat bezahlt werden. Es bedeutet die völlige Gleichheit aller Bürger um den Preis einer vollständigen Nivellierung vor der staatlichen Macht. Es bedeutet das Verschwinden aller Kräfte, die ihren Ursprung nicht im Staat haben, die Verneinung intermediärer Herrschaft. Es bedeutet in einem Wort die Atomisierung der Gesellschaft, die Zerschneidung aller besonderen gesellschaftlichen Bindungen zwischen den Menschen, deren einzige jetzt darin besteht, gemeinsam dem Staat zu dienen. Es bedeutet gleichermaßen extremen Individualismus und extreme Vergesellschaftung.
Alle historischen Gesellschaften scheinen sich auf eine Verfassung hin entwickelt zu haben, die alles Leben und alle Bewegung auf die Staatsgewalt konzentriert. Und es ist eine despotische Verfassung, in der Reichtum, Macht und sogar Freiheit nur über den Staat zu erlangen sind, in der er zum Einsatz wird, um den sich alle streiten, und dessen Inhaber sich vor einer in Anarchie führenden Konkurrenz nur dadurch zu schützen vermögen, daß sie den Prozeß ihrer eigenen Vergötterung einleiten.„
(Bertrand de Jouvenel, Über die Staatsgewalt – Die Naturgeschichte ihres Wachstums, Seite 204-205 / Hervorhebung durch Unterstrich von mir)