Buchauszug: Ibn Hazm – Germanophilie im Omaijadenreich

„Von mir will ich dir erzählen, daß ich mich in meiner Jugend einmal in eine Sklavin von mir mit blondem Haar verliebt habe, und seit jener Zeit habe ich nie mehr an einer Schwarzhaarigen Gefallen gefunden, und wäre sie auch der Sonne gleich oder das Bild der Schönheit selbst gewesen. Seit jener Zeit finde ich diese Vorliebe in meinem tiefsten Wesen verankert, so daß meine Seele sich mit mir in nichts anderem findet und bestimmt nichts anderes gern hat. Ebenso ist es meinem Vater ergangen, und er blieb sich hierhin gleich, bis sein letztes Stündlein schlug.

Alle Omaijadenkalifen, unter ihnen besonders die Söhne an-Nasirs (‚Abd ar-Rahman III., Kalif in Cordova, 912-961), waren so veranlagt, daß sie Blond vorzogen, ohne daß auch nur einer von ihnen von dieser Regel abwich. Ich habe sie und habe andere Leute gesehen, die sie ihrerseits gesehen haben von der Herrschaft an-Nasirs an bis heute: Sie waren allesamt blond nach ihren Müttern, so daß es bei ihnen eine angeborene Eigenheit geworden war, mit Ausnahme von Sulaiman az-Zafir (Kalif in Cordova, 1009-1010 & 1013-1016); denn ich habe gesehen, daß er schwarze Locken und einen schwarzen Bart hatte. Von an-Nasir und al-Hakam al-Mustansir (Al-Hakam II., Kalif in Cordova, 961-976) aber haben mir mein Vater, der Wesir, und andere erzählt, daß sie blonde Haare und blaue Augen hatten. Das gleiche gilt von Hischam al-Mu’aijad (Hischam II., Kalif in Cordova, 976-1009 & 1010-1013), Muhammad al-Mahdi (Muhammad II., Kalif in Cordova, 1009-1010) und ‚Abd ar-Rahman al-Murtada (‚Abd ar-Rahman IV., Kalif in Cordova, 1017-1019). Ich habe sie nämlich öfters gesehen, bin in Audienz bei ihnen gewesen, und da habe ich festgestellt, daß sie blond und blauäugig waren. Ebenso war es mit ihren Kindern, Brüdern und all ihren Verwandten.“

(Abu Muhammad ibn Hazm al-Andalusi, Das Halsband der Taube – Von der Liebe und den Liebenden, Seite 33)

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

2 Gedanken zu „Buchauszug: Ibn Hazm – Germanophilie im Omaijadenreich

  1. Hallo Herr Ranft,

    könnten Sie mir bitte den Autor (der Übersetzung), Verlag und Erscheinungsjahr des Buches nennen, aus dem Sie Ibn Hazm zu an-Nasir zitiert haben?

    Vielen Dank vorab.

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