Buchauszug: Prof. Bertrand de Jouvenel – Journalismus ohne Ethik

„Sehen wir uns jetzt den Eigentümer einer weitverbreiteten Zeitung an. Er ist kein bloßer Papierhändler, der eine Nachfrage bedient; er verbreitet Auffassung, weckt Emotionen, formt oder zerstört Verhaltensbilder. Seit dem Erscheinen des ersten ‚Pfennig-Blattes‘ ist keine Ethik für die Presse mit hoher Auflagenzahl entstanden. Die allgemeine Schulpflicht, die dem Zweck dienen sollte, die Wirkung des ausgedehnten Wahlrechts durch die Bereitstellung eines für die Bildung vernünftiger Meinung notwendigen Minimalwissens auszugleichen, hat den Stimmungsverkäufern eine unbegrenzte Reservearmee von Konsumenten geliefert.

Den oberflächlichen Betrachter erstaunt allein der direkte Einfluß der Presse auf den Gang der Politik. Aber darin liegt nicht das Wesentliche des Phänomens. Es liegt in der Verbreitung antisozialer Verhaltensbilder und in der von ihr geschaffenen Gewöhnung an emotional bestimmtes Denken.

Der durch sie verursachte Zusammenbruch der Sitten […] ist kaum abschätzbar. Die Welt des Journalismus, die, betrachtet man sie im engeren Sinne, sehr viel ehrenhafter ist, als man glaubt, hat kein Bewußtsein ihrer allgemeinen Verantwortlichkeit entwickelt.“

(Bertrand de Jouvenel, Über die Staatsgewalt – Die Naturgeschichte ihres Wachstums, Seite 442.443)

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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