„Die besten und tiefsten Einblicke in das innerste Wesen des Mohammedanismus lassen sich aber nirgends besser als in Bosnien gewinnen, weil hier Bekehrer und Bekehrte nichts von den Eigenthümlichkeiten der Rasse mit einander ausgetauscht und in einander verwoben haben, so dass man von einem reinen, unverfälschten Einflüsse des Korans sprechen kann. Die mohammedanischen Bosnier sind vollständig Slawen geblieben, die weder vom Türkischen noch Arabischen Kenntniss haben, und welche die vorgeschriebenen Gebete und Koranverse auswendig lernen und hersagen, aber ebenso wenig verstehen wie die italienischen Bauern das lateinische Ave Maria.
Alte slawische Wappen liegen noch heute im Kloster Kreschowa, und die slawischen Namen auf »itsch« haben sich gleichfalls erhalten. Die Kapetanowitsch, Tschengitsch, Raykowitsch, Sokslowitsch, Philippewitsch, Twarkowitsch, Kulinowitsch sind stolz auf die Rolle, welche ihre Vorfahren vor der Ankunft der Türken spielten. In ihren Adern fliesst das reinste slawische Blut, und doch überragen sie den Sultan und selbst den Scheik-ul-Islam an Glaubenseifer. Sie verachten die aus Konstantinopel kommenden Beamten, besonders seitdem dieselben sich europäisch kleiden, betrachten sie als Abtrünnige und Verräther, die schlimmer noch wie die Ungläubigen sind, und haben mit der Hauptstadt beständig in offenem oder geheimem Kampfe gelegen.“
(Prof. Emile Louis Victor von Laveleye, Die Balkanländer, Band 1, ©1886, Seite 168-169)